
BAD LAASPHE. Es ist kurz nach 9 Uhr. Nach einer feuchtkühlen Nacht bricht der zweite Tag der Summer City Games im Wabachstadion Laasphe an. „We are the Champions“ von Queen dröhnt lautstark aus der Beschallungsanlage durchs Oval. Es ist die passende musikalische Begleitung für diejenigen, die die Nacht zum Tage gemacht hatten. Knapp zwei Dutzend Läuferinnen und Läufer drehen gemeinsam die letzte Stadionrunde – sie alle sind „echte Champions“.
„Erlebnisse, statt nur Ergebnisse“
12 Stunden lang sind sie durch die Nacht gelaufen, natürlich auch mit Gehpausen, manche auch mit einem kurzen Nickerchen zwischendurch. Schwere Beine, ausgezehrt, hungrig und durstig, aber freudestrahlend und sichtlich stolz über die eigene Leistung können sie nach dem Nachtlauf endlich stehenbleiben und sich ausruhen. Der erste 12-Stundenlauf im Rahmen der Summer City Games Laasphe war ein gutes Beispiel für den neuen Trend im Laufsport. Läuferinnen und Läufer wollen „Erlebnisse, statt nur Ergebnisse“. Und diese Laufnacht in Bad Laasphe war für die meisten ein echtes Erlebnis – für einige sogar eine sportliche Grenzerfahrung.
Manuel Tuna hatte einen Durchhänger zu überstehen
„Die ersten zwei Stunden waren echt locker, da habe ich mich noch richtig gut gefühlt“, lacht Manuel Tuna, von der TSG Helberhausen, der lange Zeit mit seiner Tochter Melise Roth Runde um Runde gedreht hatte, „doch dann habe ich einen echten Hänger gehabt. Meine Oberschenkel wollten nicht so richtig, die waren noch kaputt vom Marathon bei Seven Summits Siegen“. Doch der 59-Jährige ist ein erfahrener Ausdauersportler, der sich auf den Strecken über Marathon, den Ultradistanzen, pudelwohl fühlt und der seinen Körper bestens kennt. Herausragend seine Leistung beim Ultra TorTour de Ruhr im Jahre 2018, als der kleine, sehr drahtige Hilchenbacher für die 230 Kilometer lediglich 26 Stunden und 34 Minuten benötigte. Erst im Juni hatte er bei den Deutschen Meisterschaften im 24-Stunden-Lauf mit der eindrucksvollen Distanz von 217,747 Kilometern den dritten Platz in der Männer-Gesamtwertung belegt.
In 12 Stunden 104 Kilometer weit gelaufen
Und so vertraute er auch diesmal darauf, dass es bei einem Lauf über 12 Stunden und Dunkelheit wechselnde Phasen gibt, von körperlicher und mentaler Schwäche, aber auch immer wieder abgelöst von einem euphorischen Hochgefühl, das Langstreckenläufer als „Runner’s High“ beschreiben. „Nach ein paar Stunden lief es immer besser. Die Verpflegung hier an der Strecke durch die vielen Helfer war wirklich klasse. Getränke, Gemüse, Brot, Kartoffeln, Powerriegel, es gab alles. Und dann fühlten sich die Beine plötzlich wieder gut an und so konnte ich doch noch ein paar Runden sammeln“, so Tuna. Ein paar Runden? Das war gehörig untertrieben, denn in der Endauswertung der Streckenhelfer des TV Laasphe stand da eine unglaubliche Zahl: In 12 Stunden hatte der Hilchenbacher 261 mal die Stadionrunde gedreht – macht zusammen 104 Kilometer!
„Man muss schon ein bisschen verrückt sein,
12 Stunden am Stück in einem Stadion zu laufen,
während andere im Bett liegen.“Manuel Tuna (TSG Helberhausen)
„Man muss schon ein bisschen verrückt sein, 12 Stunden am Stück in einem Stadion zu laufen, während andere im Bett liegen“, lacht Tuna, der im Ziel immer noch nicht die Nase voll hatte und nach ein paar Stunden Pause am Mittag wieder beim Panorama-Run über 10 Kilometer auf die Strecke ging. Tochter Melise hingegen hätte beim Nachtlauf zwischendurch beinahe das Handtuch geworfen: „Ich wollte schon aussteigen, aber dann hat mich Papa wieder motiviert und irgendwann habe ich mich dann an den Schmerz im Körper gewöhnt.“ Die 28-Jährige war mit 195 Stadionrunden dennoch die beste Ultraläuferin und natürlich war sie zusammen mit ihrem Vater in der Teamwertung mit insgesamt 456 Runden ein unschlagbares Duo.










Eigentlich hätte die Premiere des 12-Stunden-Laufs auf einer abwechslungsreicheren 2-Kilometer-Strecke rund um das Stadion stattfinden sollen. Doch durch den starken Regen am Vorabend kurz vor dem Start um 21 Uhr war die gesteckte Route nicht mehr zu belaufen. „Wir mussten kurzfristig umplanen und so sind wir dann komplett im Stadion geblieben. Keine leichte Aufgabe, aber wir haben das hinbekommen“, freute sich Organisator Christian Sureth, 1. Vorsitzender des TV Laasphe. Und so ging dann auch ein besonders großer Dank an die 30 Helferinnen und Helfer, die die ganze Nacht hindurch weit über 1000 Runden zählten und die Teilnehmer mit Getränken und Essen bestens verpflegt haben. Sureth: „Nach der gelungenen Premiere werden wir im nächsten Jahr wieder einen 12-Stunden-Nachtlauf anbieten. Hoffentlich mit ein paar Laufverrückten mehr, aber ganz sicher mit einer Chip-Messung, damit wir nicht wieder alle Runden zählen müssen.“
Ergebnisse 12-Stunden-Lauf
Männer: 1. Manuel Tuna (TSG Helberhausen) 261 Runden; 2. Johannes Willert (Erndtebrück) 218 R.; 3. Burkhard Lachmann (100 Marathon Club/Radclub Wehretal) 200 R.
Frauen: 1. Melise Roth (TSG Helberhausen) 195 R.; 2. Beate Bienicke (Gießen) 162 R.; 3. Anita Blekte-Zveire (Lettland) 113 R.

Hallo ihr Lieben,
nur eine kleine Korrektur: Anita Blekte-Zveire hat 154 Runden gelaufen. Ist auch auf Strichtablo bei Startnummer 4 sichtbar. 113 Runden hat eine andere Frau gelaufen. Das kleine Durcheinander hatte womöglich die Ursache: einige liefen als Team und andere waren Einzelläufer.
Viele Grüße